Mehrfach bereits musste sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage auseinandersetzen, ob wenn Eltern für die Kinder nicht sorgen können oder wollen, nahe Verwandte wie Großeltern vorrangig zu berücksichtigen sind. Dabei kommt es immer darauf an, ob familiäre Bindungen zu nahen Verwandten bestehen, weil dies unter den Schutz der Familie des Art. 6 GG umfasst.
Hierzu führt das Bundesverfassungsgericht in 1 BvR 2926/13 und 1 BvR 2604/06 aus:
Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umfasst das Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK zumindest – auch – nahe Verwandte – zum Beispiel Großeltern und Enkel -, da sie innerhalb der Familie eine beachtliche Rolle spielen können. Die Achtung des so verstandenen Familienlebens begründet für den Staat die Verpflichtung, in einer Weise zu handeln, die die normale Entwicklung dieser Beziehung ermöglicht (vgl. EGMR, Urteil vom 13. Juni 1979, NJW 1979, S. 2449 <2452>). Hieraus folgt, dass die Gerichte bei der Auswahl eines Vormunds bestehende Familienbande zwischen Großeltern und Enkeln zu beachten haben.
1 BvR 2604/06, Rn. 22
Die vorzugsweise Berücksichtigung von Familienangehörigen und Verwandten des Kindes ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtlich geboten, sofern keine Interessenkollision besteht oder der Zweck der Fürsorgemaßnahme aus anderen Gründen die Bestellung eines Dritten verlangt (vgl. BVerfGE 33, 236 <238 f.>). Es gilt auch weithin als Selbstverständlichkeit, dass bei intakten Familien- und Verwandtschaftsbeziehungen Kinder dann, wenn ihre Eltern aus welchen Gründen auch immer als Sorgeberechtigte ausscheiden, von Großeltern oder anderen nahen Verwandten aufgenommen und großgezogen werden, sofern deren Verhältnisse dies ermöglichen. Darin dokumentieren sich gewachsene Familienbeziehungen, Verbundenheit und Verantwortungsbewusstsein. Sind diese Verwandten zur Führung der Vormundschaft geeignet im Sinne von § 1779 Abs. 2 BGB, so dürfen sie nicht etwa deswegen übergangen werden, weil ein außenstehender Dritter noch besser dazu geeignet wäre, beispielsweise im Hinblick auf eine optimale geistige Förderung des Kindes.
1 BvR 2604/06, Rn.29 und 30
Andere Personen kommen als Vormund nur in Betracht, wenn ein nach den aufgezeigten Grundsätzen geeigneter Verwandter oder Verschwägerter nicht vorhanden ist. Auch eine Bestellung des Jugendamtes gemäß § 1791b Abs. 1 BGB ist nur zulässig, wenn eine als Einzelvormund geeignete Person nicht vorhanden ist.
1 BvR 2926/13 Rn. 17
Der grundrechtliche Schutz familiärer Beziehungen zwischen nahen Verwandten jenseits des Eltern-Kind-Verhältnisses umfasst deren Recht, bei der Entscheidung über die Auswahl eines Vormunds oder Ergänzungspflegers berücksichtigt zu werden, sofern tatsächlich eine engere familiäre Bindung zum Kind besteht.
1 BvR 2926/13 Rn. 24
Diese Entscheidungen geben jedenfalls keine Garantie, dass ein naher Verwandter immer bevorzugt werden muss. Es gibt nur einen Anspruch auf entsprechende Berücksichtigung. Jedenfalls muss ein Verwandter nicht besser geeignet sein als eine Pflegeperson. Besonderes Augenmerk ist daher auf die familiäre Bindung zum nahen Verwandten zu richten. Viele Gerichte berücksichtigen als Verwandte kaum als Vormund, wobei das Bundesverfassungsgericht explizit darauf hinweist, dass durch einstweilige Maßnahmen getroffen Entscheidungen gerade nicht dazu führen, dass Änderungen in der Pflegeperson unzulässig werden, weil eine erstmalige Entscheidung ansteht.